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Mieterstrom, GGV oder Energy Sharing? Dezentrale Versorgungsmodelle im Faktencheck

Dezentrale Versorgungsmodelle der Energiewende im Faktencheck: Mieterstrom, GGV & Energy Sharing im Vergleich: Wirtschaftlichkeit, Prozesse & Strategie.

Mieterstrom, GGV oder Energy Sharing? Dezentrale Versorgungsmodelle im Faktencheck!

Die Verabschiedung der regulatorischen Basis für Energy Sharing (§42c EnWG) hat in der Branche hohe Wellen geschlagen. Die Erwartungshaltung ist enorm: Kommt damit der große Turbo für die  dezentrale Stromversorgung und das nächste chancenreiche Geschäftsfeld für Energieversorger, Contractoren und Immobilieneigentümer?

Fakt ist: Es ist eine verpasste Chance, eine PV-Anlage zu installieren und den Strom lediglich ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Entscheidend für kurze Amortisationszeiten ist die kluge Vermarktung des erzeugten Stroms.

Wir analysieren die drei Versorgungsmodelle – Mieterstrom, die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (GGV) und Energy Sharing – anhand ihrer wirtschaftlichen Reife, der Prozessstandardisierung und der strategischen Eignung für Ihr Portfolio.

 

Der regulatorische Rahmen: Drei Modelle für die Energiewende

Alle drei Modelle dienen der lokalen Verteilung von PV-Strom, unterscheiden sich aber fundamental in ihrer Reife, den Prozessen und dem strategischen Fit.


1. Mieterstrom (§42a EnWG)

Das Mieterstrommodell ist das etablierte Instrument, um Letztverbraucher innerhalb einer Kundenanlage mit vor Ort erzeugtem PV-Strom zu versorgen.

  • Wirtschaftliche Reife: Dieses Modell bietet das höchste Ertragspotenzial. Der entscheidende Hebel ist die Befreiung von Netzentgelten, Umlagen und Abgaben für den lokal verbrauchten Strom, was eine Ersparnis von ca. 9–18 ct/kWh bedeutet. Bis 2 MW entfällt zudem die Stromsteuer. Auch beim Reststrombezug lässt sich durch intelligenten Einkauf eine Marge erzielen.
  • Prozessstandardisierung: Da es sich um ein etabliertes Modell handelt, profitieren Sie hier von standardisierten und digitalen Prozessen. Bei vollständiger Digitalisierung erfordern die Mess- und Abrechnungskosten jedoch eine gewisse Mindestgröße und Teilnehmerzahl, um wirtschaftlich zu arbeiten.
  • Strategische Eignung: Mieterstrom ist die klare Empfehlung für die Wohnungswirtschaft und Standard-Gewerbeimmobilien, wenn Sie Erträge maximieren wollen. Faustregel: Der Stromverbrauch im Gebäude sollte etwa doppelt so hoch sein wie die erzeugte Strommenge, um eine hohe Direktverbrauchsquote zu sichern.

2. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung - GGV (§42b EnWG)

Die GGV ist ein flexibles Modell, das seit 2024 existiert und sich primär durch den Wegfall der Vollversorgungspflicht vom klassischen Mieterstrom unterscheidet.

  • Wirtschaftliche Reife: Die Erträge sind geringer als beim Mieterstrom, da der Mieterstromzuschlag, die Grundgebühr und die Marge aus dem Reststromverkauf entfallen. Das Modell bietet somit eine "mittlere Marge" im Vergleich.
  • Prozessstandardisierung: Durch den Wegfall der Lieferpflicht für Reststrom kann der administrative Aufwand im Vergleich zum Mieterstrom reduziert werden. Jedoch sind grundlegende Betreiberpflichten vergleichbar zum Mieterstrommodell, wobei wir die Details in unserem separaten Blogartikel erläutern.
  • Strategische Eignung: Die GGV ist strategisch sinnvoll, wenn Ihre Abnehmer (z. B. Gewerbemieter) keine Vollstromversorgung durch den Vermieter wünschen, aber dennoch Solarstrom nutzen wollen. 


3. Energy Sharing Community - ESC (§42c EnWG)

Mit der geplanten Einführung des §42c EnWG entsteht eine regulatorische Grundlage für die Nutzung des öffentlichen Verteilernetzes zur Belieferung Dritter.

  • Wirtschaftliche Reife: Im Gegensatz zum Mieterstrom fallen hier die vollen Netzentgelte und Umlagen an, lediglich Umlagen werden reduziert und die Stromsteuer entfällt im räumlichen Zusammenhang (Radius 4,5 km). Wirtschaftlich ist dies primär interessant, wenn der Marktpreis für die Einspeisung unter dem Arbeitspreis des Netzstroms liegt. Energy Sharing kann eine sinnvolle Optimierung im Vergleich zur ansonsten nötigen Direktvermarktung sein. Diese Option wird zukünftig und in Kombination mit Speichern immer attraktiver, da die erzielbare Vergütung in der Direktvermarktung zur sommerlichen Mittagszeit gegen Null strebt.
  • Prozessstandardisierung: Abhängig vom gewählten Modell kann ein Standardisierungsgrad vergleichbar mit der regulären Vollversorgung über das Stromnetz erreicht werden. Das Modell ohne Vollversorgung und Marktrolle Lieferant wird stufenweise ab Juni 2026 (Innerhalb des Netzgebiets) und Juni 2028 (angrenzende Netzgebiete) eingeführt. Da sich ein Messkonzept erst noch etablieren muss, ist mit einem hohen bilateralen Abstimmungsbedarf mit dem jeweiligen Verteilnetzbetreiber (VNB) zu rechnen.
  • Strategische Eignung: Energy Sharing ist aus unserer Sicht vorerst eine Speziallösung für große Anlagen im industriellen oder gewerblichen Umfeld (ab 100 kWp), bei denen der angesprochene Abstimmungsbedarf gerechtfertigt ist. Es fungiert primär als Optimierungsinstrument für Überschussstrom und als Alternative zur Direktvermarktung, um in Zeiten niedriger Börsenstrompreise bessere Erlöse zu erzielen. Besonders interessant ist das Modell für Unternehmen mit mehreren Standorten in einem Netzgebiet, die dank Energy Sharing ihren standortübergreifenden Eigenverbrauch optimieren können.

Der direkte Vergleich: Wirtschaftlichkeit,
Prozesse und Strategie

Während sich Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung gegenseitig ausschließen, ist die Kombination von Energy Sharing mit den beiden anderen Modellen durchaus möglich und teilweise sinnvoll. Die strategische Entscheidung hängt maßgeblich von den oben genannten Rahmenbedingungen ab und davon, welcher operative Aufwand vertretbar ist.

Die folgende Übersicht ordnet die Modelle nach den drei definierten Kategorien ein:

Modell

Wirtschaftliche Reife (Ertrag)

Prozessstandardisierung

Strategische Eignung

Mieterstrom

Maximale Marge:

Netzentgelte & Umlagen entfallen auf den Solar-strom. Erträge auch aus Reststromverkauf.

Etabliert:

Standardisierte Prozesse möglich, aber Aufwand durch Vollversorgungspflicht (Messkonzept/Abrechnung).

Wohnungswirtschaft & Gewerbe:

Ideal bei hohem Direktverbrauch zur Ertragsmaximierung in Wohn- und Gewerbeimmobilien.

GGV

Mittlere Marge:

Netzentgelte entfallen ebenfalls, aber keine Einnahmen aus Grund-gebühr oder Reststrom.

Gering:

Hoher Abstimmungsaufwand beim Messkonzept, geringerer Admin-Aufwand, da die Vollversorgungspflicht entfällt und Nutzer den Reststrom Anbieter frei wählen können.

Flexible Portfolios:

Wenn Nutzer keine Voll-versorgung wünschen, aber PV-Strom bezogen werden soll.

Energy Sharing

Optimierung:

Volle Netzentgelte fallen an. Erlös oft besser als reine Einspeisung in die Direktvermarktung bei niedrigen Börsenpreisen.

In Entwicklung:

Start ohne Marktrolle Lieferant im Juni 2026. VNB-Prozesse manuell, Messkonzept-Abstimmung notwendig.

Ideal für Industrie & Gewerbe:

Gewerbeparks, Quartiere: bei Großanlagen mit wenig Direkt-verbrauch im räumlichen Zusammenhang.

Wohnwirtschaft: Denkbar in Lieferanten-Modell.

 

Praktische Umsetzung & Skalierbarkeit: Prozesssicherheit durch die Solarize-Plattform

Die Solarize-Plattform wurde als API-fähige Komplettlösung konzipiert, um Ihnen maximale Flexibilität im Produktmanagement zu geben. Dies bedeutet für Sie:

  • Unterstützung aller Abrechnungsszenarien: Unabhängig davon, ob Sie Mieterstrom, GGV oder Energy Sharing umsetzen wollen – Solarize unterstützt alle notwendigen Prozesse und Abrechnungslogiken.
  • Volle Prozessabdeckung: Die Plattform bildet den gesamten Meter-to-Cash-Prozess ab – von der Messdatenerfassung über die Bilanzierung und Abrechnung bis zum Berichtswesen und Forderungsmanagement.
  • Zukunftssicherheit: Durch die hohe Flexibilität können Sie zukünftige regulatorische Anpassungen (wie z. B. die finale Ausgestaltung des Energy Sharing) schnell und effizient in Ihre Produkte überführen.

 

Fazit & Handlungsempfehlung

Die Wahl des passenden Versorgungsmodells ist keine "Entweder-oder"-Entscheidung für das gesamte Unternehmen, sondern eine objektspezifische Abwägung. Während Mieterstrom für den Großteil der Wohn- und Gewerbeimmobilien aufgrund der Margenstärke die erste Wahl bleibt, bietet die GGV wichtige Flexibilität für spezielle Mieterstrukturen. Energy Sharing hingegen sollten Sie als zukünftiges Optimierungswerkzeug im Blick behalten.

Wichtig ist, dass Ihre Software-Infrastruktur Sie nicht limitiert. Setzen Sie auf eine Plattform, die mit Ihrem Portfolio wächst und alle drei Modelle parallel abbilden kann. Kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung, um die optimale Versorgungsstrategie für Ihr Portfolio zu definieren und die Wirtschaftlichkeit Ihrer PV-Anlagen maximal auszuschöpfen.

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